»Ich?« Meine Stimme, die ich so lange nicht benutzt hatte, kam nur als Krächzen aus meiner geplagten Kehle. Er nickte und senkte den Blick wieder auf das Kissen.
»Aye. Er war furchtbar eifersüchtig auf dich, weißt du?«
»Nein. Nein, das wusste ich nicht.«
Wieder nickte er. »Oh ja. Er hat mich gefragt … während er mich berührte, hat er gefragt: ›Tut
»Er hat mir Schmerzen zugefügt, dann hat er aufgehört und war zärtlich, bis meine Erregung begann … und dann hat er mir furchtbar weh getan und mich dann genommen. Und die ganze Zeit hat er von dir geredet und mich gezwungen, dich vor meinen Augen zu haben. Ich habe in Gedanken dagegen angekämpft … habe versucht, den Abstand zu ihm zu wahren, meine Gedanken von meinem Körper zu trennen, aber der Schmerz hat jede Mauer durchbrochen, die ich errichten konnte, wieder und immer wieder. Ich habe es versucht, Claire … Gott, ich habe es so sehr versucht, aber …«
Er ließ den Kopf in seine Hände sinken und bohrte die Finger fest in seine Schläfen. Dann sagte er abrupt: »Ich weiß, warum sich Alex MacGregor erhängt hat. Ich würde dasselbe tun, wenn ich nicht wüsste, dass es eine Todsünde ist. Er mag mich im Leben verdammt haben; im Himmel wird er es nicht tun.« Er schwieg einen Moment, während er um die Beherrschung kämpfte. Ich nahm mechanisch zur Kenntnis, dass das Kissen auf seinen Knien feuchte Flecken hatte, und ich wäre gern aufgestanden, um es für ihn zu wechseln. Er schüttelte langsam den Kopf, ohne den Blick von seinen Füßen zu heben.
»Es … hängt für mich jetzt alles zusammen. Ich kann nicht an dich denken, Claire, nicht einmal daran, dich zu küssen oder deine Hand zu berühren, ohne dass die Angst und der Schmerz und die Übelkeit zurückkehren. Ich liege hier und habe das Gefühl, dass ich ohne deine Berührung sterben werde, doch wenn du mich berührst, habe ich das Gefühl, dass ich mich vor Scham und Selbsthass übergeben muss. Ich kann dich nicht einmal ansehen, ohne …« Seine Stirn ruhte auf seiner geballten Faust, deren Fingerknöchel sich fest in seine Augenhöhle bohrten. Die angespannten Sehnen in seinem Hals zeichneten sich scharf ab, und seine Stimme war halb erstickt.
»Claire, ich will, dass du mich verlässt. Geh zurück nach Schottland, zum Craigh na Dun. Geh zurück in deine Zeit, zu deinem … Mann. Murtagh wird dich sicher dorthin bringen; ich habe es ihm gesagt.« Er schwieg einen Moment und bewegte sich nicht.
Dann blickte er mit dem Mut der Verzweiflung auf, und seine Worte waren ganz simpel.
»Ich werde dich lieben, solange ich lebe, doch ich kann nicht mehr dein Mann sein. Und weniger will ich für dich nicht sein.« Sein Gesicht begann, sich aufzulösen. »Claire, ich will dich so sehr, dass jeder Knochen in meinem Körper zittert, doch Gott steh mir bei, ich habe Angst, dich zu berühren!«
Ich erhob mich, um mich über ihn zu beugen, doch er gebot mir mit einer abrupten Handbewegung Einhalt. Er saß halb vornübergebeugt; sein Gesicht war verzerrt von seinem inneren Ringen, und seine Stimme war erstickt und atemlos.
»Claire … bitte. Bitte geh. Ich muss mich furchtbar übergeben, und ich will nicht, dass du es siehst. Bitte.«
Ich hörte das Flehen in seiner Stimme und wusste, dass ich ihm wenigstens diese eine Entwürdigung ersparen musste. Ich stand auf, und zum ersten Mal in meiner Laufbahn überließ ich einen Kranken sich selbst, hilflos und allein.
Betäubt verließ ich sein Zimmer und lehnte mich davor an die weiße Wand, um mir die hitzig gerötete Wange an den massiven Steinen zu kühlen. Murtagh und Bruder William starrten mich an, doch ich ignorierte sie.
Ich richtete mich auf und stand ohne Hilfe da. Nun, warum nicht. Jemand anderen gab es ja nicht.
Zu der Stunde, in der sich die Zeit zu verlangsamen begann, beugte ich im Mittelgang der Ägidiuskapelle das Knie. Anselm war dort, die eleganten Schultern aufrecht unter seiner Kutte, sonst jedoch niemand. Er bewegte sich weder, noch sah er sich um, doch ich wurde von der lebendigen Stille der Kapelle umfangen.
Einen Moment verharrte ich auf den Knien, ließ die lautlose Dunkelheit auf mich wirken, ließ die Hast meiner Gedanken verebben. Erst als ich spürte, dass sich mein Herz den ruhigen Rhythmen der Nacht anpasste, nahm ich einen Platz an der Rückseite der Kapelle ein.
Stocksteif saß ich da, da ich die Rituale, die liturgischen Formeln nicht kannte, die den Brüdern den Zugang zu ihrem heiligen Zwiegespräch erleichterten. Ich wusste nicht, wie ich beginnen sollte. Schließlich sagte ich schweigend und ganz offen, ich brauche Hilfe. Bitte.