Читаем 0701759001361827618 adrian lara - midnight breed 02 полностью

All die Stellen ihres Körpers, die er sich Untertan gemacht und als sein Eigentum bezeichnet hatte.

Tess zog sich schnell an, dann verließ sie ihre Wohnung und machte nur einen kurzen Abstecher zu Starbucks, um sich einen Becher Kaffee zu holen, bevor sie die U-Bahn um fünf Uhr zwanzig an der North Station nahm.

Sie war die Erste in der Klinik; Nora würde vermutlich nicht vor halb acht aufkreuzen. Tess betrat die Klinik durch die Hintertür und schloss hinter sich ab, da sie die ersten Patienten des Tages erst in einigen Stunden erwartete. Als sie die Zwingerabteilung betrat und das schmerzerfüllte Jaulen aus einem der Käfige hörte, wusste sie sofort, dass es Probleme gab.

Sie warf ihre Handtasche, Büroschlüssel und den halb leeren Pappbecher auf die Ablage neben dem Waschbecken und eilte zu dem kleinen Terrier, den Dante ihr am Vorabend gebracht hatte. Harvard ging es gar nicht gut. Er lag in seinem Käfig auf der Seite, sein Brustkorb hob und senkte sich mühsam, die weichen braunen Augen waren so verdreht, dass man nur noch das Weiße sah. Sein Maul war leicht geöffnet, und die seitlich heraushängende Zunge hatte einen unguten, gräulichen Farbton angenommen.

Sein Atem war nur noch ein trockenes Rasseln, die Art von Geräusch, die bedeutete, dass es überflüssig war, all die Blut- und Gewebeproben, die sie ihm am Vorabend entnommen hatte, ins Labor zu schicken. Bevor sie die Blutproben versandfertig gemacht hatte, würde Harvard schon verendet sein.

„Armes Baby“, sagte Tess, als sie die Käfigtür öffnete und das Fell des Hundes vorsichtig streichelte. Sie konnte in den Fingerspitzen fühlen, wie geschwächt er schon war, er hing nur noch an einem hauchdünnen Lebensfaden. Wahrscheinlich war es schon zu spät gewesen, als Dante ihn ihr gestern Abend zur Untersuchung hergebracht hatte.

Mitleid mit dem Tier umfasste Tess’ Herz wie eine Faust. Sie konnte ihm helfen. Sie wusste, wie es ging.

Tess zog die Hände zurück und faltete sie fest zusammen. Was diese Sache anging, hatte sie schon vor langer Zeit eine Entscheidung getroffen. Sie hatte sich gelobt, es nie wieder zu tun.

Aber was da vor ihr lag, war nur ein hilfloses Tier, kein Mensch. Nicht der bösartige Mann aus ihrer Vergangenheit, der keinerlei Mitleid oder Hilfe verdient hatte.

Was konnte es schon schaden?

Konnte sie wirklich hier stehen und mit ansehen, wie der arme Hund starb, wo sie doch wusste, dass sie die einzigartige Fähigkeit hatte, etwas für ihn zu tun?

Nein. Das konnte sie nicht.

„Es wird wieder gut“, sagte sie weich und griff erneut in den Käfig.

Sehr sanft und vorsichtig hob Tess Harvard heraus und barg seinen kleinen Körper in ihren Armen. Sie hielt ihn, wie sie einen Säugling halten würde, stützte mit einer Hand sein Gewicht ab, während sie ihn mit der anderen Hand unter seinem mageren Bauch hielt. Tess konzentrierte sich auf das Gefühl seines Atems, das schwache, aber stetige Schlagen seines Herzens. Sie konnte seine Schwäche spüren, die Kombination verschiedener Krankheiten, die seine Kräfte allmählich zum Erliegen brachten, wahrscheinlich schon seit Monaten.

Und da war noch mehr. Ihre Fingerspitzen prickelten, als sie auf dem Unterbauch des Hundes zu liegen kamen. Ein bitterer Geschmack stieg ihr in die Kehle, als ihr schlagartig klar wurde, dass der Hund Krebs hatte. Der Tumor war nicht sehr groß, aber tödlich. Tess konnte ihn vor ihrem inneren Auge sehen, ein Netz von faserigen Strängen, die am Magen des Hundes hingen, den hässlich bläulichen Klumpen der Krankheit, dessen einziger Zweck es war, Leben aufzusaugen und zu vernichten.

Während Tess den Tumor durch ihre Fingerspitzen vor ihr geistiges Auge hob, begann es in ihrem Blut machtvoll zu summen. Sie konzentrierte sich ganz auf den Krebs, sah, wie er plötzlich von innen aufglühte und dann zerfiel. Sie spürte, wie er sich unter ihren Händen und ihrer Willenskraft auflöste und verschwand.

Ihre unerklärliche Gabe, sie kam so leicht zu ihr zurück.

Mein Fluch, dachte sie. Obwohl es eigentlich schwer war, es angesichts des kleinen Fellbündels in ihrem Arm so zu betrachten, des kleinen Hundes, der nun leise winselte und ihr voller Dankbarkeit die Hand leckte.

Sie war von dem, was sie tat, so in Anspruch genommen, dass sie fast das Geräusch nicht gehört hätte, das aus einem der leeren Untersuchungsräume der Klinik kam. Und da war es schon wieder: ein kurzes, metallisches Kratzen.

Tess hob sofort den Kopf, die feinen Härchen auf ihrem Nacken begannen alarmiert zu prickeln. Dann hörte sie ein anderes Geräusch: ein schwerer Fuß, der auf den Boden polterte. Sie sah auf die Uhr an der Wand und wusste, dass es noch immer viel zu früh und mit Nora noch eine ganze Weile nicht zu rechnen war.

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