„Verdammte Sch …“ Sullivan kam auf einem Knie hoch, doch dann erstarrte er. Vom Flur her fiel das Licht einer nackten Glühbirne auf sein Gesicht.
Etwas flackerte in den Augen des Menschen auf, etwas anderes als unmittelbare Angst. Wiedererkennen, dachte Dante, vermutlich von jener Nacht im Club her. Aber da war auch Wut und heftige Ablehnung. Reine, nackte, männliche Feindseligkeit. Dante konnte förmlich riechen, wie sie dem Menschen aus allen Poren sickerte.
Langsam kam er auf die Beine. „Was zum Teufel ist hier los?“
„Sag du es uns“, gab Dante zurück und ließ mit reiner Willenskraft eine Lampe angehen. Hinter ihm schloss Chase die Tür und verriegelte sie. „Ich bin sicher, du kannst dir denken, dass dies kein Höflichkeitsbesuch ist.“
„Was wollt ihr?“
„Zunächst mal Informationen. Es liegt ganz bei dir, wie wir vorgehen, um an diese Informationen zu kommen.“
„Was für Informationen?“ Sein Blick wanderte gehetzt zwischen Dante und Chase hin und her. „Ich weiß nicht, wer ihr zwei Typen seid, und ich hab nicht die leiseste Ahnung, wovon ihr …“
„Also pass mal auf“, unterbrach ihn Dante und lachte in sich hinein, „solche Schwachsinns-Antworten sind ein ganz schlechter Anfang.“ Als die rechte Hand des Menschen in die tiefe Tasche seiner daunengefütterten Weste glitt, grinste Dante höhnisch. „Wenn du mir beweisen willst, dass du ein Volltrottel bist, dann mach und zieh die Kanone. Ich sag dir ganz offen, ich hoffe, dass du es tust.“
Ben Sullivans Gesicht wurde so weiß wie die farblosen Wände des Apartments. Schön langsam zog er die Hand wieder hervor. „Woher …“
„Erwartest du heute Nacht noch jemanden außer uns?“ Dante schlenderte zu Sullivan und nahm ihm ohne Gegenwehr die abgegriffene 45er aus der Tasche. Er drehte sich zu Chase und reichte ihm die gesicherte Waffe. „Beschissene Ausrüstung für einen beschissenen Dealer, was?“
„Die hab ich nur zu meinem Schutz, und ich bin kein …“
„Nimm doch Platz“, sagte Dante und stieß den Kerl in einen Kunstledersessel, das einzige Möbelstück im Apartment, abgesehen von einem Computerarbeitsplatz in der Ecke und einem Wandregal mit Stereoanlage. Zu Chase sagte er: „Filz die Bude gründlich durch, mal sehen, was du findest.“
„Ich bin kein Dealer“, wiederholte Sullivan beharrlich, als Chase die Wohnung zu durchsuchen begann. „Ich weiß nicht, was Sie denken …“
„Das werd ich dir sagen.“ Dante beugte sich über ihn und fühlte, wie die Wut seine Augen schärfte und seine Fangzähne herausdrückte. „Ganz bestimmt willst du nicht leugnen, dass wir dich vor drei Tagen im Club gesehen haben, wo du mit Crimson gedealt hast. Wie lange bringst du das Zeug schon in Umlauf? Woher kriegst du es?“
Der Mensch blickte zu Boden und arbeitete fieberhaft an einer Lüge. Dante packte ihn hart am Kinn und stellte den Augenkontakt wieder her. „Du willst doch deswegen nicht sterben, Arschloch, oder doch?“
„Was wollen Sie denn hören? Sie irren sich. Ich habe überhaupt keine Ahnung, wovon Sie reden.“
„Vielleicht kann
Der Mensch starrte Chase feindselig an. „Lasst sie verdammt noch mal in Ruhe oder ich …“
„Steckt sie mit drin?“, fragte Dante mit rauer, kratzender Stimme.
„Das fragen Sie mich?“, höhnte der Mann. „Sie haben ihr doch gestern Abend vor ihrer Wohnung die Zunge in den Hals gesteckt. Ja, ich war auch da. Ich habe Sie gesehen, Sie Hurensohn.“
Diese Neuigkeit kam überraschend für Dante, erklärte allerdings die schwelende Wut des Mannes. Dante spürte den fragenden Blick von Chase, aber er konzentrierte sich weiter auf Tess’ eifersüchtigen Ex.
„Ich verliere langsam die Geduld mit dir“, knurrte er, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, vergiss es. Meine Geduld ist endgültig verbraucht.“ Stahl funkelte, als er blitzartig eine seiner gebogenen Klingen aus der Scheide zog und die scharfe Kante gegen Ben Sullivans Hals drückte. Er lächelte fein, als die Augen des Menschen sich vor Schreck weiteten. „O ja, das fühlt sich auch für mich gleich erheblich besser an. Jetzt werde ich deinem Kehlkopf ein wenig Luft zum Atmen gönnen, und du wirst schön anfangen zu reden. Keinen Scheiß und keine Verzögerungstaktik mehr. Blinzele einmal, wenn du mich verstanden hast, Benny-Boy.“
Der Mensch senkte kurz die Lider, dann fixierte er ängstlich Dantes Klinge.
„Die haben mir eingeschärft, keinem was zu erzählen“, beeilte er sich zu sagen.
„Wer sind die?“
„Ich weiß es nicht – wer auch immer mich dafür bezahlt, dass ich den Mist herstelle.“
Dante blickte ihn finster an. „Du produzierst das Crimson selbst?“