Als der Wagen zum Stehen kam, bereitete Ben sich innerlich auf einen Kampf vor und wünschte höllisch, er hätte die 45er, die er im Apartment eingebüßt hatte, wieder in die Finger bekommen. Nicht, dass er erwartete, gegen diesen Kerl große Chancen zu haben, selbst wenn er bewaffnet wäre. Anders als sein dunkelhaariger Partner, der ganz und gar, von seiner Stimme bis zu seiner körperlichen Erscheinung, wie eine wandelnde Drohung wirkte, hielt dieser Typ seine Karten verdeckt. Er gab sich eisig und gelassen, aber Ben konnte die brodelnde Wut spüren, die unter der Oberfläche dieses glatten Mr. Cool-Auftritts rauschte, und das machte ihm Angst.
„Was ist los? Warum halten wir hier? Warten wir auf jemanden?“ Die Fragen sprudelten nur so aus ihm heraus, aber er war viel zu ängstlich, um sich darüber Gedanken zu machen, ob er sich anhörte wie Hühnerscheiße. „Dein Partner vorhin sagte doch, er will, dass du mich zu eurem Quartier bringst, oder?“
Keine Antwort.
„Nun, wo immer das sein mag“, sagte Ben und sah sich in der öden Gegend um, „ich kann mir nicht vorstellen, dass dies der Ort ist.“
Der Wagen lief mit Standgas. Der Fahrer stieß einen tiefen Atemzug aus und schenkte Ben einen eiskalten Blick. Die fahlen blauen Augen von diesem Kerl waren mordlüstern, gefüllt mit nackter, kaum zurückgehaltener Raserei. „Du und ich, wir werden jetzt ein kleines privates Gespräch führen.“
„Werde ich das überleben?“
Er antwortete nicht, schob nur eine Hand in die Innentasche seines Mantels und zog ein gefaltetes Stück Papier heraus. Ben erkannte im Licht der Armaturen die Reflexion eines Hochglanzfotos.
„Hast du diese Person schon einmal gesehen?“
Ben starrte auf die Aufnahme eines gut aussehenden jungen Mannes mit strubbeligen hellbraunen Haaren und einem breiten, freundlichen Lächeln. Er trug ein Harvard-Sweatshirt und gab dem Fotografen mit der einen Hand das Daumen-Hoch-Zeichen, während die andere Hand einen Bogen Papier hielt, dessen Briefkopf die Universitätssymbole schmückten.
„Nun, kennst du ihn?“
Die Frage war ein tiefes, knurrendes Geräusch, und während Ben sich sicher war, den Jungen schon mal gesehen zu haben, ihm sogar allein in dieser Woche ein paarmal Crimson verkauft zu haben, wusste er nicht, ob eine wahrheitsgemäße Antwort ihn retten oder auf der Stelle vernichten würde. Er schüttelte langsam den Kopf und hob seine Schultern zu einem unverbindlichen Achselzucken.
Plötzlich musste er würgen, denn sein Gesicht war gefangen in einem eisernen Griff, der ihn so fest drückte, dass er dachte, seine Kieferknochen müssten brechen. Gott, dieser Kerl hatte zugestoßen wie eine Viper – nein, noch schneller, denn Ben hatte in dem beengten Platz des Vordersitzes noch nicht einmal wahrgenommen, dass er die Hand bewegte.
„Sieh genauer hin“, forderte Mr. Cool und drückte ihm das Foto direkt vors Gesicht.
„O … okay“, stotterte Bill und schmeckte Blut in seinem Mund, da er sich auf die Innenseiten seiner Wangen gebissen hatte. „Ja! Okay! Scheiße!“
Der Druck ließ ein wenig nach, verschwand. Er hustete und rieb seinen schmerzenden Kiefer.
„Hast du ihn gesehen?“
„Ja, ich hab ihn gesehen. Sein Name ist Cameron oder so ähnlich.“
„Camden“, verbesserte Chase mit hölzerner, hohler Stimme. „Wann hast du ihn zuletzt gesehen?“
Ben schüttelte den Kopf und versuchte sich zu erinnern. „Ist nicht so lange her. Diese Woche. Er hing mit ein paar Ravern in einem Techno-Trance-Club ab, im North End. Ich glaube, es war das
„Hast du ihm – was verkauft?“ Die Worte kamen langsam wie ein dickliches Geräusch, das von irgendetwas in seinem Mund behindert zu werden schien.
Ben riskierte einen vorsichtigen Blick. Im abgedunkelten Licht der Armaturen hatten die Augen von dem Kerl ein verrücktes Glänzen, die Pupillen waren nadelspitz, verschwanden im Zentrum von eisigem Blau. Frostige Kälte kroch in Bens Knochen und versetzte ihn instinktiv in höchste Alarmbereitschaft.
Etwas lief hier falsch, etwas lief hier völlig aus dem Ruder.
Ben schluckte schwer und gab ein wackeliges Nicken von sich.
„Ja. Der Kerl hat ein paarmal bei mir gekauft.“
Er hörte ein bösartiges Knurren und sah für den Bruchteil einer Sekunde das Aufblitzen weißer, scharfer Fangzähne in der Dunkelheit, bevor sein Hinterkopf gegen das Fenster geschmettert wurde und der Typ sich in höllischer Raserei auf ihn warf.
Sie brachte ihn um den Verstand.
Jedes Kreiseln von Tess’ Zunge, jedes lange Saugen ihres Mundes an seinem gespannten Fleisch –