Huschidh erwiderte das Lächeln. »Siehst du? Du lernst. Dieses Lächeln hat es dir erlaubt, mir
»Ich versuche es«, sagte Chveja seufzend.
»Und du machst es ganz gut — für eine kleine, unwissende, schüchterne Heranwachsende.«
Chveja blickte sie entsetzt an. Dann zeigte Huschidh ein Lächeln.
»Zu spät«, sagte Chveja. »Du hast es so gemeint.«
»Nur ein wenig«, sagte Huschidh. »Aber andererseits sind alle Heranwachsenden ungebildet, und du kannst ja nichts dafür, daß du klein und schüchtern bist. Du wirst mit der Zeit größer.«
»Und schüchterner.«
»Aber manchmal auch kühner.«
Na ja, das stimmte. Kurz nachdem Huschidh zum letztenmal schlafen gegangen war, hatte Chveja einen Wachstumsschub eingelegt, und jetzt war sie fast so groß wie Dza und größer als alle Jungs außer Ojkib, der fast schon so groß wie Vater war, aber nur aus Haut und Knochen zu bestehen schien und ständig gegen irgend etwas lief oder sich den Kopf oder die Zehen stieß. Chveja gefiel, wie er die Hänseleien der anderen mit einem wortlosen Grinsen hinnahm und sich niemals beschwerte. Außerdem gefiel ihr, daß er seine Größe niemals mißbrauchte, um die anderen Kinder herumzustoßen. Und wenn er bei Streitigkeiten vermittelte, stiftete er durch ruhige Überzeugung Frieden und nicht durch seine Größe und Kraft. Da sie Ojkib wahrscheinlich sowieso heiraten würde, freute Chveja sich, daß er sich zu einem solchen Mann entwickelte. Zu schade, daß er lediglich »klein und langweilig« dachte, wenn er
Nur weil wir Kinder bekommen und uns zusammentun und heiraten müssen, brauchen wir uns nicht unbedingt ineinander zu verlieben, sagte Chveja sich. Wenn ich ihm eine gute Frau bin, wird er mich eines Tages vielleicht lieben.
Sie dachte absichtlich nicht oft an die andere Möglichkeit — daß Ojkib vielleicht darauf bestehen würde, eine andere zu heiraten, sobald die Zeit für die Eheschließungen gekommen war. Die süße kleine Shjada zum Beispiel. Sie mochte zwei Jahre jünger sein, wußte aber schon mit den Jungs zu flirten, so daß der arme Padarok immer sprachlos um sie herumhing und Motja sie die ganze Zeit über mit einem Ausdruck so elender Sehnsucht betrachtete, daß Chveja nicht wußte, ob sie lachen oder weinen sollte. Was, wenn Ojkib
Dann werde ich mich umbringen, nahm sie sich vor.
Natürlich wußte sie, daß sie das nicht tun würde. Jedenfalls nicht buchstäblich. Sie würde die beste Miene zum bösen Spiel aufsetzen, die sie aufsetzen konnte, und mitspielen.
Manchmal fragte sie sich, wie es bei Tante Huschidh gewesen war. Hatte sie sich in Issib verliebt, bevor sie ihn geheiratet hatte? Oder hatte sie ihn geheiratet, weil er als einziger übriggeblieben war? Es mußte schwer gewesen sein, einen Mann zu heiraten, den man hochheben und tragen mußte, wenn er sich nicht an einem Ort befand, an dem seine Flossen funktionierten. Aber sie schienen glücklich miteinander zu sein.
Die Menschen
Alle diese Gedanken und viele weitere gingen Chveja durch den Kopf, während sie Shjada, Netsja, Dabja und Zuja durch ihre Leibesübungen half. Da Netsja eine strenge Aufseherin war, wenn sie sich bei den älteren Kindern Zeit nahm, war es ein Vergnügen, »Schneller, Netsja. Beim letztenmal hast du das besser gemacht!« zu ihr sagen zu können, wobei Netsjas Gesicht immer röter wurde und Schweiß von ihren Händen und ihrer Nase tropfte, während sie sich abstrampelte.
»Du bist«, sagte Netsja keuchend, »die Königin … aller Miststücke.«
»Und Ihr seid die Prinzessin, liebste Gonets.«
»Hört sie euch an«, sagte Zuja, die
»Wie ein … altes Buch«, keuchte Netsja. »Ein uraltes … eselsohriges … verstaubtes … vergilbtes … wurmzerfressenes …«
Ihre Aufzählung von Chvejas Tugenden wurde von einem lauten Klingelgeräusch unterbrochen, dem das beinahe ohrenbetäubende Jaulen einer Sirene folgte. So etwas hatten sie noch nie gehört.
»Da stimmt was nicht«, sagte Dza zu Chveja. Chveja fiel auf, daß Dza die Hände nicht auf die Ohren gedrückt hatte. Sie wirkte so ruhig wie eine Eule.
»Ich glaube, wir sollten hier warten, bis Vater uns sagt, was wir tun sollen«, sagte Chveja.
Dza nickte. »Stellen wir fest, wer gerade hier ist, und achten wir darauf, daß wir keinen verlieren.«