Читаем Gertrud / Гертруда. Книга для чтения на немецком языке полностью

Es war fertig. Ich ging nach Hause zurück und fuhr fort, meine Angelegenheit wie ein Geschäft zu besorgen. Wohl würgte mich zwischendurch das Weh und blutete mir das Herz, doch sah ich wie von ferne zu und hatte keine Gedanken dafür frei. Es war einerlei, ob es mir in den Tagen oder Stunden, die ich übrig hatte, wohl oder übel ging. Ich ordnete die Mengen von Notenblättern, auf denen meine halbfertige Oper stand, und schrieb einen Brief an Teiser dazu, damit das Werk womöglich erhalten werde. Daneben besann ich mich angestrengt darüber, wie ich sterben sollte. Ich hätte gern meine Eltern geschont, doch fand ich keine Todesart aus, die das ermöglicht hätte. Schließlich lag daran auch nicht so viel; ich beschloss, es mit dem Revolver zu tun. Alle diese Fragen tauchten nur schattenhaft und unwirklich vor mir auf. Fest stand nur die Erkenntnis, dass ich nicht mehr leben dürfe; denn schon empfand ich ahnend hinter der eisigen Hülle meines Entschlusses die Schrecklichkeit des Lebens, das mir geblieben wäre. Es schaute mich aus leeren Augen scheußlich an und war unendlich viel hässlicher und furchtbarer als die dunkle, ziemlich gleichgültige Vorstellung des Sterbens.

Am zweiten Tage nach Mittag war ich mit meinen Besorgungen fertig. Ich wollte noch einen Gang durch die Stadt machen, ich musste der Bibliothek noch ein paar Bücher zurückbringen. Es war mir beruhigend zu wissen, dass ich am Abend nimmer leben werde. Ich hatte die Empfindung eines Verunglückten, der in halber Narkose liegt und der nicht den Schmerz selbst, wohl aber eine Vorahnung grauenhafter Qualen fühlt. Nun hoffter nur, er möge vollends in Bewusstlosigkeit versinken, ehe der geahnte Schmerz wirklich ausbräche. So war mir zumute. Ich litt weniger unter einem wirklichen Schmerz als unter der peinigenden Furcht, ich möchte nochmals zum Bewusstsein kommen und dann den ganzen Becher ausleeren müssen, den der gerufene Tod mir abnehmen sollte. Darum tat ich meinen Gang in Eile, besorgte mein Geschäft und lief stracks zurück. Einen kleinen Umweg machte ich nur, um nicht an Gertruds Hause vorübergehen zu müssen. Denn ich ahnte, ohne es ausdenken zu können, dass vielleicht beim Anblick des Hauses mich die unerträgliche Qual, vor der ich auf der Flucht war, überfallen und niederwerfen möchte.

So kam ich zum Haus, in dem ich wohnte, aufatmend zurück, öffnete das Tor und stieg unverweilt die Treppe hinan, in der Seele erleichtert. Wenn jetzt noch das Weh hinter mir war und die Krallen nach mir ausstreckte, wenn jetzt irgendwo in mir der entsetzliche Schmerz zu wühlen begänne, ich hatte nur noch Schritte und Sekunden zwischen mir und der Befreiung.

Ein Mann in Uniform kam die Treppe herab mir entgegen. Ich wich aus und eilte, mich an ihm vorbeizudrängen, voller Furcht, ich möchte aufgehalten werden. Da griff er an die Mütze und nannte meinen Namen. Taumelnd sah ich ihn an. Die Anrede, der Aufenthalt, die Erfüllung meiner Befürchtung fuhr mir durch die Glieder, und es überkam mich plötzlich eine Todesmüdigkeit, als müsse ich niedersinken und habe keine Hoffnung, die paar Schritte noch zu tun und mein Zimmer zu erreichen.

Indessen starrte ich den fremden Mann gepeinigt an, und da die Erschlaffung mich überkam, setzte ich mich auf eine Treppenstufe nieder. Er fragte, ob ich krank sei, ich schüttelte den Kopf. Dabei hielt er immer etwas in der Hand, was er mir anbot, und was ich nicht nehmen wollte, bis er es mir fast mit Gewalt in die Hand drückte. Ich winkte ab und sagte: »Ich will nicht.«

Er rief nach der Wirtin, die war nicht da. Da fasste er mich unter den Armen, um mich hinaufzubringen, und sobald ich sah, dass kein Entrinnen war und er mich nicht allein lassen würde, fühlte ich wieder Macht über mich, stand auf und ging voran in mein Zimmer, wohin er mir folgte. Da er mich, wie mir schien, mit Misstrauen betrachtete, deutete ich auf mein lahmes Bein und tat, als schmerze es mich, und er glaubte es. Ich suchte meinen Geldbeutel und gab ihm eine Mark, er dankte und drückte mir endgültig das Ding in die Hand, das ich nicht hatte annehmen wollen und das ein Telegramm war.

Erschöpft stand ich am Tisch und entsann mich. Nun hatte man mich doch aufgehalten, hatte meinen Bann durchbrochen. Was lag da? Ein Telegramm, von wem? Einerlei, es ging mich nichts an. Es war eine Roheit, mir jetzt Telegramme zu bringen. Nun hatte ich alles besorgt, und im letzten Augenblick schickt mir noch jemand ein Telegramm. Ich sah mich um, ein Brief lag auch auf dem Tisch.

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Джеймс Джойс – великий ирландский писатель, классик и одновременно разрушитель классики с ее канонами, человек, которому более, чем кому-либо, обязаны своим рождением новые литературные школы и направления XX века. В историю мировой литературы он вошел как автор романа «Улисс», ставшего одной из величайших книг за всю историю литературы. В настоящем томе представлена вся проза писателя, предшествующая этому великому роману, в лучших на сегодняшний день переводах: сборник рассказов «Дублинцы», роман «Портрет художника в юности», а также так называемая «виртуальная» проза Джойса, ранние пробы пера будущего гения, не опубликованные при жизни произведения, таящие в себе семена грядущих шедевров. Книга станет прекрасным подарком для всех ценителей творчества Джеймса Джойса.

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