Sie hatte es aus seinem Munde gehört. Mit weiterem Widerstand konnte sie nichts mehr erreichen. »Ich werde dich zu ihm führen«, sagte sie. »Der Index ist in der Zentrifuge. Aber du mußt warten, bis sie sich nicht mehr dreht. Solange sie sich bewegt, kannst du ihn nicht herausholen.«
»In den Maschinen also?« sagte Elemak. »All diese Mühe — und irgendwann wäre ich selbst darauf gekommen. Na schön, raus mit euch allen. Ich schließe dir Tür hinter mir ab und werde ununterbrochen Wachen aufstellen. Glaubt also nicht, ihr könntet euch hier herunterschleichen und ihn losbinden. Ich könnt von Glück sprechen, daß ich ihn nicht schon längst getötet habe.«
Für einen Augenblick fragte Chveja sich: Warum hat Elemak ihn nicht bereits getötet? Er hat es doch schon mal versucht, oder? Es muß am Mantel liegen. Man kann Vater nicht mehr so leicht umbringen. Nicht, solange er im Schiff oder auch nur in dessen Nähe ist. Elemak kann ihn wahrscheinlich nicht mal berühren, geschweige denn, ihm etwas antun — nicht, solange Vater es nicht zuläßt. Und sollte Elemak versuchen, ihn zu töten, wäre wahrscheinlich nicht mal eine bewußte Anstrengung Vaters nötig, damit der Mantel zurückschlägt. Wahrscheinlich würde er automatisch aktiv werden. Oder vielleicht beherrscht die Überseele ihn. Aber die agiert auch automatisch, oder? Denn in Wirklichkeit ist die Überseele nur ein Computer.
›Und du bist in Wirklichkeit nur eine Anordnung organischer Bestandteile.‹
Chveja errötete. Sie ließ zu, daß Elemak sie und die anderen hinausführte. Erst im letzten Augenblick fiel ihr ein, »Vater, ich liebe dich!« zu rufen.
Zuerst bestand Elemak darauf, den Index herauszuholen, während die Zentrifuge sich noch bewegte, doch als er sah, daß dies unmöglich war, ohne das Risiko einzugehen, den Index fallenzulassen, woraufhin er unter einem der Räder zerbrechen würde, wartete er verdrossen, bis die Maschine zum Stillstand gekommen war. Als sie schließlich hielt, schickte er Obring in die Öffnung, damit er den Index herausholte. Chveja war klar, wieso. Elemak wagte es nicht, sich vollständig in die Öffnung zu begeben, weil dann jemand die Tür hinter ihm zuschlagen könnte. Natürlich käme er früher oder später durch die eine oder andere Tür wieder heraus — es gab mehrere Öffnungen, die von der Zentrifuge ins Schiffsinnere führten —, aber bis dahin wäre vielleicht jemand zu Vater gelaufen und hätte ihn losgebunden. Jetzt konnte er niemandem vertrauen. Also war es Obring, der durch das Wartungsloch kletterte und Elemak dann den in Stoff eingeschlagenen Index aushändigte.
»Ich kann es einfach nicht fassen, daß sie das Ding dort hinein gelegt hat, während die Zentrifuge sich noch bewegte«, sagte Obring.
Elemak antwortete nicht, doch Chveja empfand angesichts des Kompliments einen trotzigen Stolz. Sie hatte es tatsächlich gut gemacht. Und obwohl Ojkib — aus welchem Grund auch immer — Elemak fast sofort verraten hatte, wer den Index versteckt hatte, war es ihr gelungen, Elemaks Position zu schwächen und ihren Vater zu sehen.
Nun hob Elemak das Tuch hoch und hielt den Index in den Händen.
Nichts geschah.
Er wandte sich an Issib. »Wie funktioniert er?« fragte er.
»Einfach so«, sagte Issib. »Du machst es völlig richtig.«
»Aber er reagiert nicht!«
»Natürlich nicht«, sagte Issib. »Die Überseele kontrolliert ihn, und sie spricht nicht mit dir.«
Elemak hielt Issib den Index hin. »Dann mach du es. Tu, was ich dir sage, oder Huschidh endet bei Nafai auf dem Boden des Lagerraums.«
»Ich werde es versuchen. Aber ich glaube nicht, daß die Überseele sich täuschen lassen wird, nur weil ich den Index halte. Sie wird sich dir nicht unterwerfen.«
»Halt die Klappe und tu’s einfach«, sagte Elemak.
Issib sank ein wenig tiefer und nahm den Index von Elemak in Empfang, der ihn Issib in den Schoß legte. Issib drückte die Hände darauf, doch nichts geschah.
»Siehst du?« sagte Issib.
»Was passiert normalerweise?« fragte Elemak. »Vielleicht reagiert er nur etwas langsamer?«
»Der Index reagiert niemals langsam«, erwiderte Issib. »Er funktioniert einfach nicht, solange der Herr der Sterne nicht die Kontrolle über das Schiff hat.«
»Herr der Sterne«, sagte Elemak, als wäre das Wort Gift in seinem Mund.
»Wir haben immer weniger Sauerstoff«, sagte Issib. »Das Schiff kann Kohlendioxyd nur mit einer gewissen Geschwindigkeit aufspalten, und hier atmen einfach zu viele Personen.«
»Du meinst, die Überseele versucht, mich durch den Sauerstoffvorrat zur Aufgabe zu zwingen?«
»Es ist nicht die Überseele«, sagte Issib. »Sie kontrolliert die Lebenserhaltungssysteme nicht direkt und könnte sie auf keinen Fall ausschalten, um menschlichen Wesen Schaden zuzufügen. In die Maschinen wurden Sicherheitsvorrichtungen eingebaut. So ist das nun mal.«
»Na schön«, sagte Elemak. »Dann legen wir einfach alle Leute schlafen, die ich nicht wach haben will. Vielleicht sollte ich sogar Nafai für den Rest der Reise schlafen lassen — aber er müßte während seines Nickerchens gefesselt bleiben.«