»Um danach als schlimmerer Krüppel zu enden, als ich einer bin?« fragte Issib.
»Warum nicht?« fragte Elemak, der die Vorstellung sichtlich genoß. »Mit
»Was du vorhast, spielt keine Rolle«, sagte Issib. »Die Überseele
Elemak dachte eine Zeitlang nach. »Na schön«, sagte er dann. »Ich kann warten.«
»Du glaubst, du kannst die Überseele zermürben?«
»Ich glaube, die Überseele will nicht, daß diese Reise scheitert«, sagte Elemak. »Ich glaube, sie wird irgendwann begreifen, daß
›Keine Chance.‹
»Keine Chance«, echote Chveja.
»Ach, wirklich?« sagte Elemak und drehte sich zu ihr um. »Spricht die Überseele jetzt mit
Chveja sagte nichts.
›Ich kann mein Hauptziel auch erreichen, wenn jeder Organismus auf diesem Schiff tot ist.‹
»Die Überseele kann ihren wichtigsten Zweck auch erreichen, wenn auf dem Schiff alle tot sind«, sagte Chveja.
»Das sagt sie zumindest den Leuten, die sie täuscht«, entgegnete Elemak. »Wir werden wohl ein paar interessante Tage erleben, während wir herausfinden, wie ernst die Überseele es meint.«
»Die kleinen Kinder werden zuerst sterben«, sagte Issib. »Und die Alten.«
»Wenn eins meiner Kinder wegen dieser Sache stirbt«, sagte Elemak, »dann können, soweit es mich betrifft, auch alle anderen sterben, mich eingeschlossen. Der Tod wäre besser, als auch nur noch einen Tag länger von diesem verlogenen, verschlagenen, klugscheißerischen, verräterischen Mistkerl beherrscht zu werden, den Vater mir als Bruder aufgezwungen hat.« Elemak wandte sich Chveja zu und lächelte. »Ich will in deiner Gegenwart nichts Schlechtes über deinen Vater sagen, kleines Mädchen. Aber da du ja völlig nach ihm geraten bist, kommt dir das wahrscheinlich wie ein Lob vor.«
Chvejas Abscheu überwog die Furcht vor seinem Zorn. »Ich würde mich seiner schämen«, sagte sie, »würde ein Mann wie du ihn nicht hassen.«
Kicherte Obring leise hinter Elemak? Elemak wirbelte herum, doch Obring tat ganz unschuldig.
Du hast bereits verloren, dachte Chveja. Die Überseele hatte recht. Wir haben dich bereits besiegt. Jetzt können wir nur hoffen, daß niemand stirbt, bevor du es begreifst.
8
Befreit
Luet war wütend, aber nicht auf Elemak. Für sie war Elemak beinahe zu einer Naturgewalt geworden. Selbstverständlich haßte er Nafai. Natürlich würde er auf jede Entschuldigung zurückgreifen, um ihn zu verletzen. Sie hatten mittlerweile zuviel miteinander erlebt. Es gab zuviel alten Groll, zuviel Schuld aufgrund Elemaks früherer Versuche, seinen Bruder zu töten. Man bewältigte die Situation nicht, indem man versuchte, Elemak zu ändern. Man bewältigte sie, indem man vermied, ihn zu provozieren.
Du hast das herbeigeführt, sagte Luet zur Überseele. Es war deine Idee. Du hast darauf gedrungen. Du hast Nafai und mich und die Eltern der anderen Kinder dazu getrieben, diese kleinen Spielchen mit der Zeit zu veranstalten.
›Und ich hatte recht.‹
Du hast nur nicht damit gerechnet, daß sie aufwachen, nicht wahr?
›Ich habe trotzdem recht. Alles wird in Ordnung kommen.‹
Meine Kinder bekommen nur noch schlecht Luft. Sie können kaum noch essen, weil das Schlucken so lange dauert, daß sie schon wieder nach Luft ringen, wenn sie damit fertig sind. Wir sterben, und du sagst mir, alles wird in Ordnung kommen?
›Erst in einigen Tagen wird jemand Gefahr laufen, tatsächlich zu sterben.‹
Oh, jetzt fühle ich mich aber viel besser.
›Ich bin nicht Elemak. Ich habe Elemak nicht gezwungen, die Dinge zu tun, die er getan hat.‹
Du bist für diesen Zustand verantwortlich. Du hast uns in diese Lage gebracht.
›Hast du etwa geglaubt, dieser Tag würde nie kommen? Hast du geglaubt, Elemak würde sich niemals gegen euch stellen, wenn ihr alles richtig macht? Besser, er tut es hier, wo ich noch eine gewisse Kontrolle über die Dinge habe, als auf der Erde, wo ihr völlig auf euch selbst angewiesen sein werdet.‹
O nein, wir werden auf der Erde nicht auf uns allein gestellt sein. Dort wird der Hüter der Erde auf uns achten. Und wenn er nur halb soviel Liebe für uns empfindet und halb soviel Obhut walten läßt wie du, werden wir alle innerhalb eines Jahres tot sein.
›Der Hüter ist viel mächtiger als ich.‹
Freut mich, das zu hören.
›Ich verstehe deinen Zorn. Laß ihn nur nicht dein Urteilsvermögen bewölken.‹
Nein, wir müssen klare Entscheidungen treffen können, während wir keuchen, um genug Sauerstoff zu bekommen, während wir zusehen, wie unsere Kinder träge und apathisch werden, während wir daran denken, wie unser Gatte gebogen und verzerrt dort liegt, die Hände und Füße von Fesseln abgeschnürt …