Sie konnten ein Höllenvolk sein, weil sie ihren Turm direkt neben mehrere dicke, uralte Bäume gestellt hatten. Überall in der Nähe waren die Spuren einer Teufelsstadt zu sehen. Hier und dort lagen tote Bäume; hier und dort waren Senken von alten Tunnels, die nachgegeben hatten; und nicht weit entfernt befanden sich die felsigen Hügel, in denen sich kilometerweit Höhlen befanden, in denen sie ihre obszönen kannibalistischen Verehrungen abhielten. Die Alten mußten das alles gesehen, mußten es gewußt haben, und doch erbauten sie ihr Dorf dort, wo die Teufel sie beobachten konnten, ohne ihre Löcher zu verlassen. Warum sollten die Alten so etwas tun, wenn sie sich nicht mit den Teufeln anfreunden wollten? Wahrscheinlich hatten sie genau das schon getan. Und dann war es bereits zu spät.
Aber falls es wirklich zu spät ist, dachte pTo, werde ich Spuren ihres Bündnisses sehen, eine Vorstellung davon bekommen, wie groß die Gefahr wirklich ist, und dann werde ich nach Hause zurückkehren und darüber berichten. Wenn die Gefahr ersichtlich wird, werden sie nicht mehr auf Boboi hören. Aber dann werden wir hierher kommen, um Krieg zu führen statt zu lernen, und die Alten werden uns wahrscheinlich mit ihrer Magie aus dem Himmel holen. Die Alten wohnen in einem Turm, der auf einem Fundament aus Feuer steht. Selbst der größte Krieger des Volkes wäre für sie nicht gefährlicher als eine Mücke.
Es darf keinen Krieg geben. Es muß Freundschaft sein. Ich muß eine Möglichkeit finden, Freundschaft zu schließen.
Die Teufel hatten ihn zweifellos bereits bemerkt. Flug war die Rettung des Volkes, aber auch sein Fluch, zumindest tagsüber. Sie konnten in den Himmel springen, um vor einem Feind zu fliehen; aber ihr Feind konnte auch in den Himmel schauen und ihre Annäherung bemerken. Dieser Unterschied hatte viel bewirkt: Das Volk war offen und ehrlich; die Teufel hingegen verstohlen und betrügerisch. Das Volk lebte im Reich der Sonne und der Sterne, die Teufel lebten im Reich der Würmer und Raupen. Das Volk war leicht wie Luft und daher ätherisch, mit den Göttern verwandt; die Teufel waren schwer und unbeholfen und daher irden, mit dem Stein verwandt.
Aber das änderte nichts an der Tatsache, daß ein Teufel einem Mann des Volkes, so er ihn in die Hände bekam, problemlos alle Knochen brechen konnte, als wären es dünne Zweige. Ein Nahkampf mit einem Teufel war praktisch tödlich. Ein Stoß mit einem Speer — zu mehr kam ein Krieger nicht. Dann mußte er entweder fliegen oder sterben. Er konnte nicht mal eine sehr schwere Last tragen — nicht mal einen Stein, den er einem Teufel auf den Kopf werfen konnte, jedenfalls keinen, der so groß war, daß er ernsthaften Schaden verursachte.
Er konnte nicht einmal sein eigenes Kind mit in die Luft nehmen, wenn das Kind in diesem unbeholfenen Alter war — zu groß, als daß es beim Flug getragen werden konnte, aber noch zu klein, um selbst zu fliegen. Deshalb kamen die Teufel um diese Jahreszeit, und die Eltern mußten eine schreckliche Wahl treffen: Welches der beiden Kinder brachten sie in Sicherheit? Einige schafften es, rechtzeitig zurückzukehren, um auch das zweite Kind zu retten. Einige hatten ältere Kinder, die sich noch nicht gepaart hatten und den anderen Zwilling in Sicherheit bringen konnten. So hatte Poto überlebt — er und pTo waren Drittgeborene. Wirklich selten war der Erstgeborene, dessen Ander-Ich noch lebte.
Also beobachteten die Teufel ihn und fragten sich, weshalb er kam. Zweifellos lief ihnen schon bei dem Gedanken, sein Fleisch zwischen ihre Zähne zu kriegen, das Wasser im Mund zusammen. Nun ja, pTo war so jung und schnell, daß niemand ihn erwischen würde. Er war noch so leicht, daß er sich auf hohe Äste hocken konnte, auf die die Teufel nicht klettern konnten, ohne sie zum Schütteln zu bringen. Seine Ohren waren noch immer so scharf, daß er das Geräusch der Finger vernahm, die sich in die Baumrinde gruben. Es bestand zwar die Gefahr, daß er in eine Falle lief, aber wenn er vorsichtig war, würde ihm nichts passieren.
Dann kam pTo ein beunruhigender Gedanke: Jeder Mann und jede Frau, die den Teufeln in die Klauen gefallen waren, hatten wahrscheinlich genau dasselbe gedacht — bis zu dem Augenblick, da sie ihren Irrtum erkannt hatten.
Das Dorf der Alten war einwohnermäßig sehr klein, flächenmäßig jedoch gewaltig. Die Häuser waren ungeheuer groß. Ganze Bäume waren gefällt und gespalten worden und bildeten die Wände und Dächer — von den wenigen Gebäuden abgesehen, die aus seltsamen Substanzen bestanden, die pTo noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Es fiel ihm nicht leicht, sich einen Reim darauf zu machen, wozu die Gebäude dienten. Das große mußte ein Schlafsaal sein — aber andererseits … warum gab es nur einen? Schliefen die unverheirateten Männer und Frauen im selben Haus? Undenkbar.